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    Sternenblindheit

    Großer Aufruhr herrschte im Sternenland. Alle Sterne hatten sich zu einer Versammlung im Hexenbesennebelfleck (The Witch´s Broom Nebula) zusammengefunden, um das weitere Vorgehen zu beraten. Selbst die kleinsten Sternchen waren von weit her angereist. Jedes noch so kleine Wolkenbettchen war ausgebucht. Ein Ältester trat vor die wütende Menge.
    "Meine lieben Sternenfreunde, mein Licht ist schon lange verloschen, doch sehe ich noch keine Notwendigkeit vom Himmelszelt zu verschwinden."
    Wütende Vielstimmigkeit wich zustimmendem Gemurmel. Er sprach weiter und breitete dabei seine Schnuppenärmchen aus.
    "Ich denke in erster Linie an unsere jungen Nachkommen, die ja noch Äonen von Zeiten ihr Licht durch die Galaxien schicken wollen."
    Wieder stimmte die Menge murmelnd zu.
    "Es kann doch nicht sein, dass wir diesen blauen Planeten nicht mehr erreichen dürfen. Dagegen müssen wir etwas unternehmen!"
    Mit diesen Worten reckte er sein Sternenfäustchen in die Luft. Eine rundliche Sternenfrau aus dem benachbarten Hexenkopfnebelfleck (The Witch Head Nebula) klatschte zustimmend und wandte sich an die Menge.
    "Was wird aus uns, wenn uns keine Wünsche der Menschen mehr erreichen können? Für wen sollen wir dann noch hell leuchten?"
    Die Menge klatschte Beifall. Ein kleines Sternchen trat vor und legte überlegend den Finger an die Sternenstaublippen.
    "Ja, wer soll denn dann den kleinen Menschen das Universum erklären, wenn man uns nicht mehr sehen kann?" fragte es stirnrunzelnd, "werden wir bald vergessen sein?"
    "Das darf niemals passieren!" rief jemand von weiter hinten.
    "Wir müssen den Mond fragen, der ist am nächsten dran.", forderte ein anderer junger Stern, der kräftig leuchtete.
    Der Älteste hob beschwichtigend seine Ärmchen und dabei fiel eine Sternschnuppe ungesehen aus seiner Hand durch den Nebel in die Weite des Universums.
    "Wir können doch nicht einfach losziehen und den Mond befragen, bevor wir nicht hundertprozentig wissen, warum uns die Menschen nicht mehr sehen können."
    Die Sternenschar funkelte zustimmend.
    "Also sind alle damit einverstanden, wenn wir zwei Abgesandte losschicken, die mal in die Wolkendecke eintauchen, um zu untersuchen, was die Ursache für die Sternenblindheit ist?"
    Jeder Stern blinkte zweimal zum Zeichen der Zustimmung.

    Alsbald machten sich Nix und Hydra, zwei stramme Sternenburschen, auf den Weg. sie waren nach zwei Monden benannt worden, die sich in der Nähe von Pluto aufhalten. Der Himmel blieb derweil dunkel, denn alle Sterne warteten gemeinsam auf ihre Rückkehr. Bis dahin wollten sie farblos protestieren.
    Von Weitem sahen sie schon den blauen Planeten, der in eine graue Decke eingehüllt zu sein schien. An der äußeren Wand angekommen, reichten sie sich die Sternenhändchen und tauchten in die Wolkendecke ein. Sie roch seltsam. Nicht natürlich. In der untersten Wolkenschicht sprangen sie plötzlich zurück. Fast wären sie mit einem Flugzeug zusammen gestoßen. Nix sah Hydra an.
    "Was zum Kometen war das denn?" fragte Nix.
    "Ich glaube, das sind die Dinger, die den Himmel verschmutzen.", antwortete Hydra.
    Noch ein mal tauchten sie ein. Wieder kam ihnen ein Flugzeug entgegen, doch diesmal aus der anderen Richtung. Dieses mal waren Nix und Hydra schneller und tauchten unter ihnen her. Hier war es düster und trüb. Die Wolkendecke filterte jedes Sonnenlicht.
    "Wir müssen unser Licht dämmen, sonst erkennt man uns vielleicht.", gab Hydra zu bedenken. Nix nickte und so dämmten sie ihre Sternenkraft auf ein minimum herunter.
    Sie flogen tiefer, um sich dieses Phänomen von unten anzusehen. Ein sanfter Wind blies und schaukelte sie hin und her, als sie auf einer Tannenspitze landeten. Nix gähnte schläfrig, doch Hydra knuffte ihn in den mit Sternenklee gefüllten Bauch.
    "Du sollst nicht so vollgefressen Reisen unternehmen.", sagte er vorwurfsvoll.
    "Ich wusste doch nicht, wie lange das dauert und ich hab eben einen hohen Energieverbrauch.", gab Nix kleinlaut zu.
    "Da schau dir das an." rief Hydra nun und zeigte nach oben. Nix folgte seinem Zauberfinger und sah nach oben. Fast wäre er vom Baum geweht worden.
    "Ach du liebe Sternenmama, ein Schachbrettmuster am Himmel!", rief er aus. In der Tat hatten mehrere Flugzeuge begonnen ein Netz aus feinen Fäden nicht schwinden wollender Kondensstreifen am Himmel zu spinnen.
    "Das sind keine Kondensstreifen.", sagte Nix, "Die lösen sich schnell auf. Doch das hier bleibt stehen und breitet sich wie die Milchstraße am Himmel aus."
    Hydra erhob sich.
    "Lass´ uns fliegen und im vorbeigehen noch mal eine Nase von diesem Nebel nehmen."
    Vorsichtig näherten sie sich der untersten Wolkenschicht. Ein kurzer Blick nach allen Seiten und sie flogen hindurch. Hydra nahm dabei einen tiefen Atemzug. Außerhalb der Planetenumlaufbahn atmete Hydra wieder aus und hustete kräftig.
    "Das ist pures Gift!" sagte er mit schmerzverzerrtem Gesicht. Nix schlug ihm auf den Rücken und der Rest Qualm entwich Hydra´s Lungen.

    "Die Menschen haben sich in eine Nebeldecke aus giftigen Stoffen gehüllt. Die Sonne hat keine Chance mehr, dort durch zu dringen.", begann Hydra seinen Bericht vor der Versammlung. Der Älteste legte seine Stirn in Falten.
    "Ob das alle Menschen wissen?", überlegte er, während ein unruhiges Raunen durch die Sterne lief.
    "Nun gut, dann werden wir nun den Mond befragen.", bestimmte nun der Älteste. Die Sternenschar klatschte Beifall und machte sich daran ihre Sachen aus den Wolkenbettchen zu holen.

    Schon bald konnte man am Himmel eine Karawane wütend leuchtender Sterne und Sternchen beobachten, die wild fuchtelnd mit kleinen Sternblumenhärkchen und Rechen zum Mond zogen. Der Mond sah sie am dunklen Himmelzelt als leuchtender Streif auf sich zu kommen und schenkte ihnen sein freundlichstes Mondlächeln zur Begrüßung.

    Als sich alle Sterne um ihn herum aufgestellt hatten, trat der Älteste vor und richtete sein Wort an den alten Gevatter Mond.
    "Lieber Herr Mond, wir sind den weiten Weg zu dir gereist, weil wir Kummer mit einem Planeten deines Sonnensystems haben. Wir wissen uns keinen Rat mehr. Vielleicht kannst du uns ja helfen?"
    Der alte Mond drehte sich einmal um sich selbst und betrachtete lächelnd seinen leuchtenden Bauchring aus funkelnden Sternen, die ihn erwartungsvoll ansahen. Dann beugte er sich zum Ältesten hinunter.
    "Nun mein lieber ältester Stern der Sternenkinder, ich weiß zwar nicht, ob ich helfen kann, aber ich höre mir gern an, was ihr zu berichten habt." Er lehnte sich wieder zurück und sah in die Runde.
    "Uns ist vor einiger Zeit aufgefallen, dass uns keine Wünsche vom blauen Planeten mehr erreichen. Wir haben aus Leibeskräften gefunkelt und geglitzert, sogar mehr Sternschnüppchen losgelassen als sonst. Doch wir bekamen keine Wünsche mehr von dort. So haben wir zwei Abgesandte losgeschickt, die das Problem mal untersuchen sollten. Es sind keine guten Nachrichten, die sie mitbrachten."
    Der Älteste deutete mit seinem Sternzauberfingerchen auf Nix und Hydra, die nun vortraten. Nix rieb sich den vollgefressenen Sternenkleebauch und erntete dafür einen bösen Seitenblick von Hydra.
    "Ja, ich weiß," flüsterte Nix zu Hydra, "ich bin halt ein nimmersatter Fressstern."

    Nix und Hydra berichteten nun abwechselnd über die Vorkommnisse auf dem blauen Planeten. Wie sie fast mit den Flugzeugen zusammen gestoßen waren und wie die Flugzeuge Schachbrettmuster aus giftigem Zeugs in den Himmel sprühten, das den Himmel milchig werden lies und die Sonne vertrieb. Der Mond legte seine silberne Stirn in Falten und kratzte sich das Kinn.
    "Nun, ich muss zugeben," sagte er, als Nix und Hydra ihren Bericht beendet hatten, "mir ist das auch schon aufgefallen. Kein Traum erreicht mich mehr von dort und es waren immer so schöne sehnsuchtvolle Träume." seufzte er.
    "Da müssen wir doch etwas unternehmen!" rief ein kleines Sternchen.
    "Was sollen die Menschen ohne Wünsche und ohne Träume denn noch machen?" erboste sich eine wütend funkelnde Sternenfrau.
    "Was kannst du tun?" fragte nun der Älteste den weisen Mond. Der Mond überlegte eine Weile und drehte sich derweil um sich selbst.
    "Ich habe schon einiges versucht. Ich habe die Gezeiten angespornt, sich auszudehnen. Habe den Wind geschickt, um stürmisch die Wolken zu vertreiben, doch nichts hat bisher geholfen."
    Der Mond zuckte ratlos mit den Schultern und machte ein betrübtes Gesicht. Doch dann hatte er eine Idee.
    "Wir fragen die Sonne um Rat!" rief er aus und blähte sich auf, dass einige Sternchen zurückgedrängt wurden.
    "T´schuldigung ihr Kleinen," sagte er schnell und lies Mondwind ab, "das wollte ich nicht."
    Seine Stimme klang warm und sanft, die Sternchen rückten wieder näher und richteten ihr mondwindzersaustes Glitzerhaar.
    "Also gut ihr Sternenkinder, dann ziehen wir weiter zur Sonne.", sprach nun der Älteste zu seiner Sternenschar.

    Und wieder zog eine Karawane leuchtenden Lichts durch das Firmament, der Sonne entgegen. Der Mond bildete die Nachhut und ihn umgab stets ein streichelnder Mondwind. Je näher die Karawane aus Sternenbildern und Mond der Sonne kamen, desto blasser wurde ihr Licht.
    "Oh, welch seltene Gäste in meinem Sonnenland" entzückte sich die Sonne bei ihrer Ankunft.
    "Das muss schon ein schwerwiegender Grund sein, wenn ihr euch aus der Dunkelheit des Kosmos zu mir aufgemacht habt.", blinzelte sie golden und tat so, als ob sie die kleinen wütenden Funkelsternchen mit ihren drohend erhobenen Sternblumenhärkchen und Kleeschäufelchen nicht bemerke.
    "Meine liebe Freundin," richtete nun der Mond sein Wort an sie und blieb aber lieber im kühlen Sonnenschatten,
    "meine Sternenkinder und ich haben Kummer über den blauen Planeten."
    "Ach ja der blaue Planet.", rief sie plötzlich aus und bekam heftige Sonnenflecke,
    "Hat es euch also auch erwischt.", stellte sie nüchtern fest.
    Ein Raunen ging durch die Sternenmenge und der Älteste meldete sich zu Wort.
    "Verehrte Sonne, wie darf ich das verstehen? Hast du auch Probleme mit ihm?"
    Nun erzählte die Sonne, wie sie nach und nach keine schönen Gedanken vom blauen Planeten mehr empfangen hatte. Sie hatte daraufhin versucht immer kräftiger zu scheinen und sich dabei fast verausgabt. Ihre Haut war an einigen Stellen sogar gerissen und ihr Sonnenblut sprühte immer wieder ins All.
    "Das klingt gar nicht gut, verehrte liebe Freundin" tröstete der Mond aus dem Sonnenschatten.

    Viele Zeit-Zeiten saßen sie nun gemeinsam am Sonnenfeuer und erzählten sich gegenseitig die Erkenntnisse der eigenen Untersuchungen. Doch je länger sie überlegten und diskutierten kamen sie zu dem Schluss, dass sie alles, was in ihrer Macht stand, getan hatten, um den Menschen zu helfen.
    "Wir können nur eins tun.", machte der Mond den Anfang, "Wir müssen nun Wünsche, Träume und schöne Gedanken zum blauen Planeten senden. Immer und immer wieder. Bis eines Tages unsere Botschaften die Herzen der Menschen erreichen."
    "Sollten die Menschen ihr Unrecht nicht einsehen, werden sie irgendwann vergessen haben, was schöne Gedanken sind.", flocht die Sonne ein.
    "Und vergessen, was Träume sind.", ergänzte der Mond und dachte wehmutsvoll an die sehnsüchtigen Träume der Menschen, die ihn einst erreichten.
    "Die Menschen werden nie mehr wissen, was Wünsche sind." sprach der Älteste mit sorgenvoller Miene.
    "Der blaue Planet wäre ein kalter, gefühlloser und verwunschener Ort" sprachen die Sternenkinder im Chor.
    Ein großes Seufzen klingt seither durch das unendliche Universum.


    © Wolfsskin

    Hexenkopfnebel

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